5. Gleichrangklausel
Zentrale Bedeutung für die Durchsetzung der ausstehenden Anleiheforderungen könnte schließlich die in den Anleihebedingungen getroffene Zusicherung Argentiniens gewinnen, wonach Forderungen aus den jeweiligen Schuldverschreibungen sowohl untereinander als auch in Bezug auf alle übrigen gegenwärtigen und zukünftigen unbesicherten und nicht nachrangigen Auslandsverbindlichkeiten stets in gleichem Rang stehen.120) Versteht man nämlich die in der internationalen Anleihepraxis übliche pari-passu-Klausel im Kontext staatlicher Emissionen121) nicht nur als Mittel, eine Bevorzugung anderer Gläubiger (beispielsweise durch die Vereinbarung einer exklusiven Befriedigung aus besonders einträglichen Einnahmequellen) zu verhindern,122) sondern als eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die jeweiligen Verbindlichkeiten tatsächlich auch gleich zu bedienen (d. h. im Falle von Zahlungsschwierigkeiten nach dem entsprechenden Pro-rata-Anteil),123) wäre jedwede Gläubigerdiskriminierung rechtlicher oder tatsächlicher Natur unzulässig. Die vom argentinischen default betroffenen Anleihegläubiger könnten dann nicht nur gegen die kontinuierlichen Zahlungen Argentiniens an die multilateralen Darlehensgeber vorgehen, sondern auch eine zukünftige Bedienung umgeschuldeter Auslandsanleihen weitgehend torpedieren.124) Die damit verbundenen tief greifenden Konsequenzen für die internationale Finanzarchitektur sind es denn auch, die zu Recht gegen eine weite Auslegung der Gleichrangklausel angeführt werden.125) Im Falle Argentiniens steht eine Entscheidung der Frage allerdings noch aus. Über den von der US-Regierung durch Abgabe eines statement of interest126) unterstützten Antrag Argentiniens, das in New York mit den Anleiheklagen befasste Gericht möge eine enge, die Zahlungen an den IWF nicht gefährdende Interpretation der pari-passu-Klausel feststellen, wurde bislang mangels entsprechenden Klägervortrags, nicht entschieden. Vor deutschen Gerichten wird die Gleichrangklausel wohl erst dann Bedeutung gewinnen, wenn Argentinien über hiesige Zahlstellen einzelne Gläubiger selektiv befriedigen will (z. B. nach Abschluss einer Umschuldung).
Ob dagegen die exklusive Befriedigung einer rechtskräftig ausgeurteilten Forderung eines bestimmten Gläubigers unter Zugrundelegung der weiten Auslegung der pari-passu-Klausel verhindert werden könnte, ist zweifelhaft. Denn es handelt sich bei der titulierten Forderung wohl nicht mehr um eine gleich zu behandelnde „Auslandsverbindlichkeit“ im Sinne der Anleihebedingungen (d. h. Verbindlichkeiten aus Krediten und Schuldverschreibungen), sondern um eine neue, weitgehend selbständige Verpflichtung (arg. e § 767 ZPO).
Also, in NY wurde entschieden...am 23.2.2012 und zwar zu Gunsten der Altbondinhaber (ohne auf die Gefährdung der internationalen Finanzarchitektur Rücksicht zu nehmen)
In Frankfurt wird in wenigen Wochen entschieden....in einem Verfahren von mir organisiert.
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